Portugal II und Südspanien



22/11/2019 – 14/12/2019

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Portugal Teil 2
Die Algarve


Bordeira und Carrapateira

Bei wechselhaftem Wetter fahren wir ab jetzt also wieder alleine, erstmal führt uns der Weg nach Bordeira, wo wir auf eine weitere Duschmöglichkeit stoßen. Zwar ist das Wasser wieder einmal saukalt, dafür sind die Duschen und Toiletten sauber, was für solch eine kostenfreie Einrichtung sicherlich nicht üblich ist. Wir freuen uns sehr darüber und würden uns wünschen, dass noch mehr solcher Stellen eingerichtet werden.


Der Parkplatz am Praia do Bordeira ist leider völlig überlaufen, daher fahren wir die holprige Straße weiter bergauf und ergattern einen Platz an der Steilküste mit einem herrlichen Blick auf das weite Meer. Wir erkunden die nächstgelegenen Klippen und kraxeln über scharfkantiges, bizarr geformtes Gestein. Die Wellen krachen mit einer wahnsinnigen Wucht gegen den Fels, teilweise spritzt das Wasser über 30m hoch. Gigantisch sind leider auch die Mengen an Müll, die vom Meer bis hier hoch geschleudert wurden – Bierdosen, Klamotten, Plastikkanister, Nylonschnüre und Fischernetze.




Praia dos Mouratinhos

Für die 16km Fahrt unserer heutigen Kurzetappe brauchen wir eine gute halbe Stunde, teilweise ist unsere Fahrspur aufgrund von massiven Wurzelschäden nicht befahrbar. Dafür werden wir an unserem neuen Rastplatz belohnt - hier geht es über 50m teils senkrecht nach unten, die Wellen schieben sich in mehreren Reihen dem Ufer entgegen, der Wind pustet uns ordentlich durch und außer zwei jungen Kerlen aus Ravensburg, die mit dem gemieteten SUV den Schotterweg entlang heizen, sehen wir sonst zum Glück keine Menschenseele.



Vila do Bispo, Sagres, Burgau und Forte de Almádena

Es fällt uns schwer, von diesem wunderschönen, ruhigen Ort wegzufahren, doch wir müssen uns um einen Zahnarzt für die evtl. lockere Füllung in Louises Backenzahn kümmern, daher geht es zurück auf die Teerstraße nach Vila do Bispo. Am örtlichen Waschhaus füllen wir erstmal den Wassertank und schrubben ein paar Klamotten.


In Sagres steuern wir als Erstes den Keramikladen „Artesano a Mó“ an. Wir können uns nur schwer entscheiden und kaufen daher „nur“ drei Tassen, als ob wir nicht eh schon genügend Platzprobleme haben ;). Danach schauen wir den Surfern zu, wie sie im Licht der untergehenden Sonne auf die perfekte Welle warten. Geschlafen wird dann in ner Seitenstraße, mehr Zeit zum Fahren blieb nicht.



Nach Frühsport und Kaffee kommt es am Fortaleza do Beliche zu einem freudigen Wiedersehen mit Lisbeth und Wilfried. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg zum Cabo de São Vincente, dem südwestlichsten Punkt des portugiesischen Festlands. 


Bevor sich unsere Wege für wahrscheinlich längere Zeit nun endgültig trennen, gibt es ein gemeinschaftliches Mittagessen. Wir winken noch lang aus dem Fenster, dann sehen wir die beiden nicht mehr und fahren kurz nach Vila do Bispo den 180.000sten Kilometer auf „Tortugas“ Zähler.

In der Dämmerung erreichen wir die Ruine „Forte de Almádena“, die jedoch erstmal keine Rolle spielt, denn neben uns steht ebenfalls ein Iveco Daily, allerdings ein paar Jahre älter und mit deutlich höherem Aufbau. Dieses Reisemobil gehört einem Schweizer Ehepaar, das zusammen mit ihrem fünfjährigen Sohn Joshua für längere Zeit auf Tour geht und dabei eine ähnliche Route einschlagen möchte, wie sie es zu zweit schon vor zehn Jahren getan haben (www.qomsa.ch). Wir finden es schön, uns mit den beiden Erwachsenen zu unterhalten, für die Konversation mit Joshua sind unsere französischen Sprachkenntnisse leider zu schlecht. Unterwegs wird er von seinen Eltern unterrichtet, lernt dabei aber nicht nur Mathematik und co., sondern erfährt viel über Land und Leute sowie die natürliche Umgebung, in der er sich aufhält. Doch so spannend das Leben auf Achse auch sein mag, für den Kleinen ist es teilweise echt schwer, in einem fremden Land ohne Freunde zu sein und die Sprache der einheimischen Kinder nicht zu sprechen. Deshalb versuchen seine Eltern regelmäßig Treffen mit anderen Familien und Freunden zu organisieren, damit Joshua sich austoben, ausquasseln und auch kindgerecht aufwachsen kann. Wir freuen uns über so viel Ehrlichkeit, das tut gut, und nach einer großen Tasse Tee verabschieden wir uns nach nebenan.



Haubenlerche
Lagos, Carvoeiro, Benagil, Lagoa und Monchique

Leider ist Lagos sehr touristisch, so wie fast alle anderen Orte an der Südalgarve auch, ein Restaurant reiht sich ans nächste, ein Souvenirladen verkauft den gleichen Kram wie der zwei Häuser weiter. Hoch oben auf einem der freistehenden Backsteinschloten haben es sich einige Weißstorchpärchen gemütlich gemacht, zur Begrüßung wird ordentlich mit den Schnäbeln geklappert, das können wir trotz der Entfernung und des Straßenlärms problemlos wahrnehmen.





Auf dem Weg nach Carvoeiro sind wir beeindruckt von der Landschaft, viele kleinparzellige landwirtschaftliche Flächen mit Palmen säumen den Weg, wir überqueren sumpfige Lagunen und sehen etliche Verkaufsstände mit frischen Orangen und Mandarinen. Rein farblich hingegen dominiert die Tristesse, der sandig-lehmige Boden ist von den dürren Sommermonaten ausgetrocknet, das Gras fast zur Gänze verbrannt, nur das Grün der Bäume und ein paar Blüten setzen farbliche Highlights.

Beim Zahnarzt müssen wir zum Glück nur kurz im Wartezimmer Platz nehmen, dann kommt Louise an die Reihe und entgegen unserer Erwartungen/Hoffnungen findet der Arzt nichts. Leider lässt sich der sonst stechende Schmerz nicht provozieren, somit kann da natürlich auch nichts gemacht werden, immerhin sind's nur 35€ und wir bekommen die Adresse eines deutschen Zahnarztes in Mosambik ;) - bis dahin müssen die Beißer also durchhalten.

Die Suche nach einem Parkplatz für die Nacht gestaltet sich etwas komplizierter als gedacht - „wild-campen“ ist in Portugal offiziell untersagt und wird vor allem in der Algarve bestraft. Außerdem liegt an den potentiell geeigneten Stellen teils dermaßen viel Müll und Klopapier rum, dass es einem echt graust. Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichen wir dann aber doch noch die Klippen bei Benagil. Am Folgetag geht’s wandern entlang der Steilküste. Die Strecke zwischen den Stränden von Benagil und Marinha ist wirklich sehr zu empfehlen!




Danach werden Weihnachtsvorräte im ALDI angelegt - Spekulatius, Stollen, Lebkuchen – was das deutsche Herz begehrt. Auf dem Parkplatz spricht uns Werner an, er lebt seit 25 Jahren an der Algarve, und lädt uns direkt zu sich nach Hause ein. Sein „Casa Sol“ hat er in typisch portugiesischer Bauweise errichtet, den 4000qm großen Garten mit unverbaubarem Meerblick selbst geschaffen. Etliche verschiedene Obstbäume hat Werner gepflanzt, daneben stehen uralte Kakteen sowie Mandel- und Feigenbäume, außerdem gibt es ein kleines Gemüsebeet und eine Zisterne für das Regenwasser, da sein Haus nicht an Wassernetz und Kanalisation angeschlossen ist.



Rüsselkäfer
Seit zwei Wochen besitzt er auch die „Wachhündin“ Linda, einen Welpen, der sehr wahrscheinlich viel zu früh von seiner Mutter getrennt wurde, und nun bei Werner ein Zuhause gefunden hat. Die Kleine ist wirklich zuckersüß und sehr anhänglich, natürlich ist Louise sofort verliebt.



Zähnchen gucken
Wir freuen uns über seine Offenheit und nehmen die Einladung, bei ihm im Innenhof zu übernachten, dankend an. Doch vorher geht's noch nach Lagoa in die Galerie „Lady in Red“, die in einer alten Industriehalle ohne staatliche Förderung Kunst mehr oder weniger bekannter Künstler von Venezuela über Portugal und Südafrika bis nach Australien ausstellt.



Am nächsten Tag nimmt uns Werner mit in eine rustikale Arbeiterkneipe zum Mittagessen, es gibt pünktlich ab 12 Uhr genau drei Gerichte im Menü, zwei mal Fleisch einmal Fisch. Für uns gibt’s den Klassiker Pilzomelette ;), Oliven, Brot und Butter stehen bereits auf dem Tisch, dazu Wasser und natürlich Wein, den gönnt man sich auch vor Vier mal reichlich. Dessert, Obst, Kaffee kommen obendrauf – für alles zahlen wir 8€.
Während Werner sich später für den samstäglichen Tanzabend herrichtet, hüten wir das Haus, schauen nach Ewigkeiten mal Fern und fallen erschöpft in Bett, denn am nächsten Morgen fahren wir in die Berge nach Monchique - Quellwasser auffüllen.

Je höher wir kommen, hoch ist mit max. knapp 1000m üNN natürlich relativ, desto häufiger sehen wir verbrannte Bäume, die ein Überbleibsel der riesigen Waldbrände von vor fünf Jahren sind, bei denen in dieser Gegend fast 80% der Waldbestände vernichtet wurden, mittlerweile ist vieles allerdings wieder aufgeforstet. Wir schlendern noch ein wenig durch die engen Gassen, dann geht’s zurück. Wir wollen wieder unseren Rhythmus leben und vorankommen, auch wenn wir sehr dankbar sind für die herzliche Gastfreundschaft. Die Nummern und Adressen tauschen wir selbstverständlich aus, schießen Abschiedsfotos und winken noch lange aus den Fenstern, bis Werner hinter der Kuppe verschwindet.





Lagoa dos Salgados und Praia Grande de Pera

Wir schaffen es bis Lagoa dos Salgos und verbringen die restlichen Stunden mit Tageslicht
an diesem Beobachtungsplatz für diverse Vogelarten, neben Kuhreihern, Lachmöwen und Uferschwalben zeigen sich vereinzelt sogar ein paar Flamingos. 


Wespenspinne
Alcantarilha und Faro

„Capela dos ossos“ - die Knochen in dieser kleinen Kapelle sind an den Wänden hoch bis unter und an die Decke gestapelt bzw. geklebt worden, nachdem auf dem örtlichen Friedhof kein Platz mehr für neue Gräber war – wie einfallsreich!

Die Straßen Faros sind fast menschenleer, und auch in der historischen Altstadt, die immer noch von einer Stadtmauer umgeben ist, sind wir fast ganz allein. So lässt es sich natürlich wunderbar durch die engen Gassen schlendern. Viele Gebäude stammen aus dem 17./18. Jahrhundert und sind insbesondere im Obergeschoss dermaßen baufällig, dass die Bewohner meist ausgezogen sind und, wenn überhaupt, nur noch das Erdgeschoss genutzt wird.

Genetics




An der „Igreja do Carmo“ empfangen uns zwei Störche - die gegenseitigen Liebesbekundungen dürfen natürlich nicht fehlen, es wird geklappert und sich den Hals verrenkt was das Zeug hält, scheinen wohl sehr glücklich miteinander zu sein :).

Tavira

„Forte do Rato“ - ein Schlafplatz. Wir schauen uns den Sonnenuntergang an und sitzen auf der ehemaligen Hafenmole, ein paar Fische springen aus dem Wasser, aber wenn die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist, dann wird es sehr schnell zu kalt.



Bisschen Salz gefällig?
 Am kommenden Tag lernen wir ein deutsches Paar kennen, Anuschka und Joachim leben seit ein paar Jahren in den Hügeln hinter Tavira, sind ein paar Monate im Jahr samt Hund und Katze auf Reisen (wer die entspannteste Katze von Welt sehen möchte – Instagram: jo.lio.luis). Zum Abschied tauschen wir noch unsere Blogadressen aus und dann steht auch schon Peter aus Schweden neben unserer „Tortuga“, das laut ihm schönste Expeditionsmobil, das er jemals gesehen hat. Das freut uns natürlich zu hören, Jonas zeigt ihm das Auto und auch mit ihm stehen wir wieder zusammen, um zu ratschen. Es ist einfach schön, solche Bekanntschaften zu machen und sich auszutauschen, das macht eine Reise aus. Zur Entspannung wird noch bisschen gebastelt, dann geht's auch schon bald weiter. 

Nur ein paar Fahrminuten entfernt liegt Tavira, die einstmalige Handelsmetropole an der Algarve, in der viele Waren aus den Kolonien gehandelt wurden, und auch der Fischfang zu deren Reichtum beitrug. Als die Flussmündung des Rio Gilão zu versanden begann verlor die Region an Bedeutung und als auch noch die Fischbestände überfischt waren, blieb vom einstigen Glanz nicht mehr viel übrig. Heutzutage hängt der Ort am Tropf der Tourismusindustrie, dementsprechend herausgeputzt sind die Sehenswürdigkeiten und Gassen.


neue Mitbewohner

Von der alten Burg hat man einen tollen Überblick über die Stadt und die Türme der vielen Kirchen, die teilweise auf den Überresten alter Moscheen aus der Zeit der maurischen Herrschaft über die iberische Halbinsel erbaut wurden.
Durch Zufall laufen wir an der „Ermida de São Sebastião“ vorbei, einer kleinen Kirche aus dem 17. Jahrhundert, die im Inneren fast vollständig mit Holz ausgekleidet ist, sogar die Gemälde und der Boden im Altarraum sind daraus gefertigt. Uns begrüßt ein unglaublich freundlicher Mann überschwänglich und bittet uns trotz der offiziellen Siesta herein, alle anderen Gotteshäuser haben nämlich geschlossen. Er gibt uns ein laminiertes Infoblatt auf Englisch in die Hand und erlaubt Jonas Fotos zu machen. Zum Abschied scherzen und lachen wir zusammen mit dem Mann, keiner versteht den anderen aber mit Händen und Mimik kommt man in solchen Situationen trotzdem prächtig zurecht.


Auf dem Weg zum Duschhaus in Vila Real de Santo António verlaufen wir uns und landen im Ghetto der Stadt, eine Ansammlung hässlicher Plattenbauten, vor denen sich der Müll türmt und Menschen auf freiem Feld in zusammengeschusterten Hütten hausen, ein harter Anblick.



Die Duschfrau sitzt in einem kleinen Raum hinter einer Glasscheibe und schaut auf einem Mini-Röhrenfernseher eine Soap, ein herrlicher Anblick und irgendwie klischeehaft. Eine Runde duschen kostet pro Person 1€, Männer und Frauen werden strikt getrennt. Die Waschräume sind auf beiden Seiten grün-weiß gefliest, die Eingänge zu den Duschkabinen mit abgewetzten Schwingtüren versehen, über die Mann/Frau ohne Probleme drüber schauen kann. Unter der Dusche zu stehen, ganz alleine mit einer gewissen Privatsphäre, und das heiße Wasser auf sich prasseln zu lassen, das hatten wir seit unserem Besuch bei Katrin in den Pyrenäen nicht mehr, ein geiles Gefühl. So vergehen die Minuten, in denen der Kopf ausgeschaltet ist, man darf auch mal etwas unvernünftig sein. Zahlen mussten wir übrigens nichts, da die Dame kein Wechselgeld zur Hand hatte. Und dann machen wir uns auch schon wieder auf den Weg und verlassen Portugal, sauber und duftend, etwas wehmütig nach über fünf beeindruckenden Wochen aber mit dem Wissen, dass wir wiederkommen und noch mehr von diesem wundervollen Land erkunden möchten.

Südspanien

Sevilla

Die Landschaft wird nach und nach hügeliger, der Boden sandiger und statt Obstbäumen stehen unendlich viele Olivenbäume in Reih und Glied, das satte Dunkelgrün ist einem eher silbrig-grünem Farbton gewichen. Und nach knapp zwei Stunden Fahrt taucht dann plötzlich Sevilla vor uns auf, eine gefühlt riesengroße Stadt (ca. 690.000 Einwohner) mit vielen Hochhäusern und verrückten Kreisverkehren, in deren Mitte eine ampelgesteuerte Straße durchführt, die ausländische Autofahrer vermutlich vollkommen verwirren soll. Gegen 21 Uhr machen wir uns auf in die hell beleuchtete Stadt. Dass die Vorweihnachtszeit angebrochen ist kann man nicht übersehen, die Straßen sind bunt geschmückt und hell beleuchtet.


Was allerdings so gar nicht zur eigentlich besinnlichen Vorweihnachtszeit im katholischen Spanien passt, sind, neben den teilweise schrillen Outfits der Sevillanos, die unfassbar hässlichen Krippenfiguren in den Fenstern der Verkaufsstände vor der riesigen Kathedrale.


Von klapperndem Glas auf dem Teer werden wir am Folgetag durch die Stadtreinigung geweckt. In Sevilla selbst ist wegen des Nikolaustags leider abartig viel los, selbst im eigentlich weitläufigen „Parque de María Luisa“ tummeln sich trotz Nebensaison die Menschen.

Der „Plaza de España“ ist eine der Hauptattraktionen der Stadt, von Boot fahren über den Einstieg in eine der zahllosen Pferdekutschen bis hin zu äußerst kitschigen Hochzeitsfotos ist alles möglich. Das 1928 fertiggestellte, halbkreisförmige Gebäude umrahmt den Platz und bietet allerlei Künstlern die Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen.



Danach laufen wir ins historische Zentrum – Menschen, Menschen, Pferdekutschen. Deren Zugtiere klappern pausenlos über das Pflaster und geraten teilweise ins Rutschen, da ihre Eisen auf dem glatten Untergrund keinen Halt finden. Erholung wird ihnen leider kaum gegönnt, zu groß ist der Andrang, ausreichend Zeit für Tränke und Futter bleibt da nicht. Nur außer uns scheint das keinen zu interessieren, ebenso wenig wie das vereiterte Auge, das Louise bei einem der Tiere entdeckt.



Schnell verlassen wir die Horden in der Innenstadt und gehen durch die ruhigeren Gassen.



Parque Metropol Parasol


Für uns geht es auf die andere Seite des Flusses, leider hat das von uns angepeilte Museum der modernen Künste aufgrund des Feiertags geschlossen, daher überqueren wir die hübsche Brücke „Ponte Isabel II“ und sind zurück im Trubel. Nach insgesamt mehr als 13km Fußmarsch kommen wir erschöpft und hungrig am Auto an.




El Palmar de Troya, Barriada Río San Pedro und Carreta Quebrada

Die Nacht war, zumindest für Jonas, mehr als beschissen, die sevillanischen Kiddos haben die halbe Nacht auf unserem Parkplatz gefeiert. Gut, dass es EU-Roaming gibt, so konnte er die Zeit immerhin sinnvoll nutzen, um sich über KFZ-Versicherungen und Grenzpolicen in Afrika zu informieren (die Nürnberger bietet wohl eine Wohnmobilversicherung an, die auf Nachfrage auch Afrika und Asien mitversichert, dafür sind wir aber leider zu spät dran).

Die Fahrt durch das westliche Andalusien war landschaftlich eher trostlos, eine reine Agrarwüste mit riesigen Gesteinsbrocken auf den ausgetrockneten Feldern, wie hier Landwirtschaft betrieben werden soll, wissen wir nicht. Denn nur dort, wo massiv bewässert wird, ist es auch grün, der Rest eine Mixtur aus Olivenbäumen und weitläufiger rot-braun-grauer Ödnis. Nichtsdestotrotz hat auch diese Region mit all den vielen Hügeln so ihre Reize.


tote Ziege mit Kuhreiher
Rotwild
Wir fahren die Nationalstraße Richtung Süden und sehen aus der Ferne einen religiösen Bau mit zwölf Türmen. Hinter hohen Mauern verborgen liegt die Anlage „Eine, Heilige, Katholische, Apostolische und Palmarianische Kirche“, das erfahren wir vor Ort durch einen Pater/Mönch/Bruder. Es ist gerade Mittags- und somit Eintrittspause - einerseits natürlich schade, denn der monströse Sitz dieser erz- und wertekonservativen Glaubensgemeinschaft macht schon ordentlich Eindruck, andererseits sind die Vorschriften für die Besichtigung (keine Turnschuhe, keine Piercings, keine Jeans, bodenlanger Rock, etc.) schon echt zu viel des Guten. Und auch die Ansichten sind eher sekten- als kirchenähnlich: sie basieren auf angeblichen Erscheinungen von Maria und Jesus in El Palmar de Troya, die Rede ist von Sehern mit irgendwelchen übernatürlichen Fähigkeiten, es werden Strafen und Katastrophen für die Menschheit heraufbeschworen und der Öffnungsprozess der katholischen Kirche ist ihrer Meinung nach eine Sünde. Also baute man lieber eine Mischung aus Kathedrale und Basilika an den Ort der ersten Marienerscheinung, der Hauptseher ist der einzig wahre Papst.


Für den Abend hat Louise einen Stellplatz in Barriada Río San Pedro ausgesucht, von dem man einen wunderbaren Blick auf die große Brücke nach Cádiz und die nahegelegene Stadt hat.



Algeciras und Palmones

Die Stadt ist, neben Gibraltar und Tarifa, der Hauptausgangsort für Reisende nach Marokko und daher auch unser Ziel. Die Liste der Dinge, die noch zu erledigen sind, hat sich in den letzten Wochen nicht von allein abgearbeitet, somit verfallen auch wir langsam in Hektik. Zuallererst werden im Einkaufcenter noch (Verbrecher-)Passfotos im Automaten angefertigt. Wir kommen leider nicht umhin den Anblick von Welpen im Schaufenster einer Tierhandlung zu erhaschen. Jeweils zwei, nur wenige Wochen alte Hunde (Dackel bzw. Chihuahua) werden in einem 1x1m kleinen Glaskasten gehalten, als Unterlage dienen Zeitungsschnipsel, die einfach auf die Fäkalien draufgeschmissen werden, eine Nippeltränke in der Wand dient als Wasserspender und das Trockenfutter wird in einer Tonschale serviert. Sobald ein Passant stehen bleibt werden die großen Knopfaugen aufgerissen, die kleinen Pfötchen krabbeln an der Scheibe hoch und es wird gewinselt, was das Zeug hält. Es gibt keinen Rückzugsort für die Welpen und auch die Trennung von der Hündin ist zumindest im Fall der Chihuahuas viel zu früh erfolgt. Das ist einfach nur gnadenlos. Naiverweise dachten wir, dass eine Haltung wie diese in ganz Europa verboten ist, allerdings finden wir im Internet nichts Entsprechendes dazu, scheint hier also toleriert zu werden.

"mit Respekt behandeln" - wohl kaum


Wenigstens haben wir von unserem Schlafplatz aus einen wunderschönen Blick auf Gibraltar und die davor liegenden Frachtschiffe, über denen der helle Mond aufgeht.


Die Nacht haben wir beide nicht gut geschlafen, uns oft im Bett gewälzt, was wohl an der Anspannung und Nervosität vor der Überfahrt nach Marokko liegt. Nichtsdestotrotz fahren wir in die Stadt und holen unsere beiden Pakete ab, die wir aus Deutschland geschickt bekommen haben (vielen Dank noch mal dafür :)!).
Dann geht’s zur Bank, Euronen für den Notfall aufstocken, Schuhe reparieren lassen, Öl für's Auto -nicht- bekommen, One-way-Fährticket bei Carlos kaufen und nen Stamperl trinken, letzte Einkäufe erledigen, Wasser auffüllen, bissl Algeciras anschauen...




Und ehe wir uns versehen ist der 14. Dezember gekommen, wir parken in fünfter Reihe und warten darauf im Bauch des Schiffes zu verschwinden...





Die Route





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