Marokko III


12/01/2020 – 25/01/2020

Von Affenfelsen, Wüstenkunst und ganz viel Sand


Dadès-Schlucht

Auf dem Weg zur Dadès-Schlucht treffen wir unsere französischen Freunde wieder und fahren gemeinsam ins Tal. Vorher zeigen uns die Beiden noch Fotos ihrer Wüstentour inkl. im Sand steckenbleiben und einer gebrochenen Kupplungsscheibe, was wiederum zum Abschleppen nach Merzouga führte. Wer kommt auch auf Idee, mit einem 7.5m langen Camper ohne nennenswerte Bodenfreiheit eine Offroad-Piste durch die Wüste zu nehmen?! (Stiv – if you read this, you are still our crazy offroad hero once and for all!)
Wir übernachten bei der „Auberge Aicha“, werden von der Gastgeberin herzlich empfangen, am Abend reich bekocht, danach geht’s bei frostigen Temperaturen schnell ins Bett. Am Folgetag sind im Auto die Spuren der Nacht nicht zu übersehen, das Kondenswasser an der Tür hat schöne Eiskristalle gebildet. Bei den Temperaturen fällt das Aufstehen schwer, aber die morgendliche Sonne klettert schnell über die Berge und erwärmt unser Zuhause. Dann machen wir uns auf den steilen Weg hinunter ins Bachbett, vorbei an einem zur Abschreckung aufgehängten Marder und weiter zu den berühmten „Monkey fingers“. Die Affenfinger sind skurrile Felsformationen, die sich rund um die kleinen Orte Tamellalt und Ait Ouglif im Laufe von Jahrtausenden gebildet haben. Wir laufen über eine Baumstamm-Brücke, queren ein weiteres Mal den „Oued Dadès“ und kriechen auf dem kleinen Mauervorsprung eines Bewässerungssystems unter Felsen entlang, unter uns fließt der Bach, reinfallen ist nicht, dürfte unangenehm werden. Daher trägt Stiv seine Familienmitglieder an anderer Stelle durch das Wasser und zwei marokkanische Kinder sind ab jetzt unsere ständigen Begleiter.



Im Flussbett betreiben die Anwohner auf kleinen Parzellen Landwirtschaft, mit niedrigen Mauern versuchen sie, das wenige Wasser auf ihren Feldern zu halten. Während es in der Sonne angenehm warm ist, bleibt es im Schatten kühl, stellenweise ist der Boden sogar noch gefroren, andernorts sprießt schon wieder saftiges Gras. Auf dem Rückweg verletzt sich der Familienhund Java und wird den Rest der Strecke getragen, eine gründliche Untersuchung und Schmerzmittel gibt es dann am Auto.
Am nächsten Tag verlassen wir Aicha, füllen noch ein bisschen Salbe und zwei, drei Tabletten Schmerzmittel für ihren schmerzenden Rücken ab. Bei der Verabschiedung fragen wir nach dem Zustand der Straße, doch sie kann uns dazu nicht wirklich etwas sagen. Ihrer Aussage nach ist sie bisher kaum in den Norden der Schlucht gekommen, wenn überhaupt verlässt sie das Dorf für den Marktbesuch oder wenn sie zum Arzt muss, ansonsten spielt sich ihr Leben und das vieler anderer Dorfbewohner in einem sehr begrenzten Radius rund um das eigene Zuhause ab.



Die Natur ist einfach nur wunderschön, die kuriosen Felsformationen sieht man kurz hinter dem Dorf nochmal in voller Pracht, die Farben der verschiedenen Gesteinsschichten leuchten im Sonnenlicht. Nach einigen Baustellen, mehr oder weniger gut gesichert, schlängelt sich die Straße am grünen Flussbett entlang, die roten Berge dahinter bieten einen tollen Kontrast. Die Straßen sind mäßig gut, an der atemberaubenden Landschaft hingegen ändert sich wenig, wir genießen einfach nur die Zeichnung der Felsen, die vielen netten Leute in den kleinen Dörfern und staunen über die Lebensweise der Bewohner. In einfachsten Lehm- bzw. Steinhäusern wohnen die Menschen hier, leben von dem, was der bestellte Boden abwirft, ein hartes und entbehrliches Leben mitten im Nirgendwo. Aber hey, immerhin haben sie 4G-Handyempfang, Entwicklung des ländlichen Raums und so! An so mancher Stelle ist die Fahrbahn abgerutscht, zweimal geht es über blankes Eis, die Felsvorsprünge kommen dem Aufbau gefährlich nah, natürlich kommen genau da zwei vollbeladene LKW entgegen, spätestens hier muss für die Markodicks Schluss sein, denken wir zumindest. Denn als wir im letzten Sonnenlicht die steilen Serpentinen hochfahren und den Blick ins Tal genießen, da sehen wir ganz weit oben ein weißes Dach, dann den bunten Pullover von Stiv. Ein verrückter Hund, diese Karre über so eine Piste bis auf 2400m Höhe zu steuern.





Am nächsten Tag eröffnet sich uns ein fantastischer Blick über die Berge, tatsächlich begegnet uns ein Transportfahrzeug, ist eine geläufige Route hier für Locals und Warenüberbringer. Und wir kommen in den Genuss eine Gruppe Mähnenspringer zu sehen - die sogenannten „Berberschafe“ gehören mittlerweile zu den bedrohten Tierarten. Ihr größter Feind ist, wie so häufig, der Mensch. Durch das immer weitere Vordringen selbst in die entlegensten Gebiete wird ihr Lebensraum zerstört, zudem werden sie von den Bewohnern der Bergregionen bejagt, die auf fette Beute aus sind – die Böcke bringen mit weit über 100kg mehr als das Doppelte der Weibchen auf die Waage. Beide Geschlechter dieser Kletterkünstler tragen halbkreisförmige Hörner, als (Halb-)Wüstenbewohner können sie zudem wochenlang ohne Trinkwasser auskommen, der Bedarf wird dann nur noch über Pflanzensäfte und Tau gedeckt.



Ice ice, Baby.
Den höchsten Punkt des Passes auf 3003m besteigen wir mit Jenny und Sven, die uns einige Zeit zuvor mit ihrem Ford Ranger samt Aufbau überholt haben. Den beiden erzählen wir von unserem eigentlichen Ziel für heute, einer Naturbrücke, und sie beschließen spontan uns zu begleiten. Ab hier geht es erstmal stetig bergab und wir verbringen die Mittagspause mit den Markodicks, bevor wir uns auf unbestimmte Zeit verabschieden.
Die Strecke wird einsamer und die Vorstellung, dass hier tatsächlich dauerhaft Menschen wohnen, ist absurd. Und doch trifft man hin und wieder auf Leben, in diesem Fall auf zwei Jungs, die uns intensiv um Geld anbetteln. Sie blockieren die Straße mit größeren Steinen, gegen einen Obolus wollen sie sie beseitigen. Jo, nicht mit uns. Unsere Ignoranz stört die Kinder, sie rennen neben Tortuga her und einer der Jungen hängt auf einmal am Griff der Fahrertür, mit einem Fuß auf dem flexiblen Tritt. Im nächsten Moment kommt das Auto zum Stehen und Jonas reißt die Tür auf und schreit rum wie ein Wilder, was allen beteiligten einen guten Schrecken einjagt. Nicht auszudenken, wenn er gestürzt und unter die Räder gekommen wäre.


Die Naturbrücke (31.955884 N, -5.543108 W) ist sogar ausgeschildert, 2,5km holprige Patt erfordern die nötige Bodenfreiheit. Am „Parkplatz“ angekommen ist dann aber tatsächlich endlich mal niemand mehr, der was von uns will. Umgeben von rotem Fels geht es das Tal entlang, die Sonne erreicht schon seit einer ganzen Weile nicht mehr so wirklich den Boden, daher ist der Bach zugefroren, hat was von einer Schicht Milchglas obendrauf, sonst hätte man hier sicherlich seine Trinkwasservorräte noch auffüllen können. Es ist ein bisschen wie in einer Märchenlandschaft mit all der Stille, der malerischen Umgebung und dem gefrorenen Wasserfall, der eine dicke Eisschicht unter sich versammelt hat, während obendrüber die Eiszapfen wachsen. Treppenstufen führen hinauf zur Naturbrücke - ein riesiger Felsbogen spannt sich über einen Graben, größer und spektakulärer als erwartet, die eingestürzte Kuppel muss gigantisch gewesen sein. Das nächste Highlight erwartet uns eine Etage tiefer, dort befindet sich ein kleiner Höhleneingang.



Todra-Schlucht und Tinghir

Wir schlafen am „Col du Tizi Tirherouzine“ auf 2700m. Die Nacht über plagen Jonas die heftigsten Kopfschmerzen bis wir morgens bei weniger als 1°C im Auto aufwachen, draußen ist das Thermometer auf -9 Grad gesunken. Die Kombination aus Höhe und Kälte wird vermutlich der Auslöser der Schmerzen gewesen sein. Nach einem starken Kaffee geht es die Todra-Schlucht hinab, sie windet sich an den Berghängen entlang, vom „Togdha“-Fluss ist bis auf das trockene Flussbett nichts zu sehen, es ist streckenweise fast schon einsam, nur eine Gruppe Felsenhühner kreuzt unseren Weg. Je weiter man flussabwärts fährt, desto milder und grüner wird es, die ersten Palmen erscheinen entlang der Strecke. In Tinghir angekommen verspeisen wir die Pizza, von der wir seit Monaten träumen, verzichten auf Sightseeing und fahren gute 20km aus der Stadt raus, dahin wo kaum noch Menschen wohnen und biegen links auf eine staubige Piste ab. Gut anderthalb Kilometer von der Straße entfernt stellen wir uns einfach in die Steppe und genießen die Ruhe beim Sonnenuntergang.





Kunst in der Wüste

Uns zieht es zu unserer ersten größeren Offroadfahrt zur „Kunst“ in der Wüste. Kurz bevor wir auf den Sand abbiegen sehen wir ein uns bekanntes Fahrzeug, der Sprinter von Tanja und Klaus. Die Beiden kommen gerade aus dem Untergrund gestapft, haben das hiesige Bewässerungssystem besichtigt, das sich auf einer Länge von 16km durch die Landschaft zieht und anhand der charakteristischen Erd-Haufen mit integriertem Belüftungs-/Beleuchtungsschacht zu erkennen ist. Darin sammelt sich, insofern es denn regnet, das Wasser, welches anschließend nach und nach verteilt wird. Auch sie wollen sich die Kunstwerke des deutschen Künstlers Hannsjörg Voth anschauen.


Der Weg zur „Goldenen Spirale“ ist sandig, für die knapp 10km brauchen wir etwa eine Dreiviertelstunde, in der Ferne ziehen sich Berge von links nach rechts und mitten im „Nichts“ taucht das erste Bauwerk auf. Der Projektkünstler Voth hat sich hier, in der Marha-Ebene östlich von Erfoud, einen Traum erfüllt und die drei Kunstwerke „Himmelstreppe“ (1985-1987), „Goldene Spirale“ (1994-1997) und „Stadt des Orion“ (2000-2003) teils in klassischer Bauweise aus Stampflehm errichten lassen. Gemeinsam überschreiten wir den äußersten Ring aus Steinen, wollen uns das Bauwerk doch mal aus der Nähe anschauen. Vom Hügel hinter dem zeitweiligen Wohn- und Arbeitsquartier des Künstlers kommt ein Mann gerannt, winkt uns zu, völlig außer Atem erreicht er uns und bittet freundlich darum, umzukehren. Sein Name ist Mohammed und er ist der Aufpasser vor Ort, der für die Einhaltung der Regeln und das Kassieren der Eintrittsgelder zuständig ist. Von ihm erfahren wir, dass die Bauwerke nur an vier Tagen der Woche (Montag, Dienstag, Donnerstag und Samstag) besichtigt werden können, aber da heute Freitag ist, sollen wir morgen wiederkommen. Das würde dann 150DH/Person kosten und selbst für dieses Geld ist eine Besichtigung nur bedingt möglich. Knapp vier Kilometer entfernt steht das jüngste Bauwerk der Trilogie, die „Stadt des Orion“. Auf einer Fläche von rund 4000qm ist eine Anordnung des Sternbildes erbaut worden, die Maße der sieben Türme entsprechen der jeweiligen Ausdehnung und Helligkeit am Himmel. Der Weg dorthin ist für beide Fahrzeuge machbar, nur weiter als bis auf Zoom-Nähe mit unserem 200mm-Objektiv kommen wir nicht ran, auch hier ist schon wieder ein Wächter im Anmarsch.
Auch um die 16m hohe „Himmelstreppe“ liegen mittlerweile mehrere Steinkreise, die Schäden durch die Besucher an den drei Bauwerken haben eine Absperrung notwendig gemacht. Wir haben trotzdem unseren Spaß während die Sonne sich langsam dem Horizont nähert. Zwei Mal sitzt der Sprinter am heutigen Tag fest und auch Tortuga trifft es, wir üben uns im Ausgraben und zur Belohnung laden uns Tanja und Klaus am Abend zu sich ein, auch ihr Selbstausbau kann sich mehr als nur sehen lassen, es gibt kühles Bier und lange Gespräche bis nach Mitternacht.




Die vollkommen ruhige und überraschend warme Nacht endet verhältnismäßig früh, in sicherer Entfernung traben ein paar Dromedare vorbei. Als wir unser Abschiedsfoto machen wollen steht plötzlich eine junge Frau vor uns. Ihr Alter schätzen wir auf 16-18, schwer zu sagen, viel älter wird sie nicht sein. Sehr zurückhaltend und schüchtern steht sie da, ein Ehering glänzt an ihrer rechten Hand. Mit einer leeren Plastikverpackung bittet sie um Damenbinden. Als Dankeschön kommen einige Fossilien aus ihrer Schürze zum Vorschein und nach kurzem Zögern möchte sie Teil des Gruppenbildes sein.
Wir fahren anschließend auf der holprigen Schotterpiste gen Norden, teils über große Steine, teils sind es sandige Abschnitte. Insgesamt brauchen wir für die 30km bis zur Oase Tarda etwa dreieinhalb Stunden, als wir wieder Teer unter den Reifen haben gleiten wir mit ungeahnter Geschwindigkeit dahin und diskutieren, ob uns das denn nun Spaß gemacht hat. Wir sind zwiegespalten. Die Koordinaten für die Strecke gibt's hier zu sehen.




Meski und Gara Medouar

In Meski spazieren wir auf den Klippen über dem fruchtbaren Tal des Ziz-Fluss entlang, tausende Palmen mögen hier stehen, im Hintergrund thront der alte Ksar von Meski auf der anderen Flussseite, im Licht der sinkenden Sonne sieht er besonders schön aus. Am Stadtrand biegen wir ab und laufen runter zum Fluss, der nicht nur als Bewässerungssystem für die vielen Felder dient, sondern auch als Waschmaschine und Autowaschanlage genutzt wird. Scheint keinen zu stören, dass die berühmten „Blauen Quellen von Meski“ aus dem gleichen Bach gespeist werden. Durch den Palmenhain hindurch geht es drüben wieder hoch, dann stehen wir vor der alten verfallenen Stadt, ein monumentales Zeugnis vergangener Tage. Ehemals rund 300 Familien haben in dem verwinkelten Wirrwarr gelebt, es gab eine große Moschee sowie ein Hammam, die Versorgung mit Lebensmitteln erfolgte über den Anbau im Ziz-Tal. Und so vergeht rund eine Stunde, in der wir uns in einer anderen, einer vergangenen Zeit befinden, dann müssen wir aufgrund der einbrechenden Dunkelheit aufbrechen. Auf dem Rückweg werden die letzten Palmen gerade noch von der Abendsonne angestrahlt, wir müssen einen Bach durchqueren und bauen eine provisorische Brücke aus Bambus, der Himmel färbt sich in den prächtigsten Farben. Der aufziehende „Nebel“ hingegen ist von menschlicher Natur, ein einsamer Bauer bearbeitet sein Feld mit einer Harke und Fledermäuse jagen über unseren Köpfen nach Insekten.



Am nächsten Tag besichtigen wir das Fort „Gara Medouar“, das schon häufiger als Kulisse für diverse Filme diente, u.a. für „Die Mumie“ und „James Bond – Spectre“. Da die Gegend bekannt ist für ihren Reichtum an Fossilien, schauen wir öfters als sonst auf den Boden, zwischen dem Geröll des ehemaligen Vulkankraters hoffen wir auf den ein oder anderen interessanten Fund. Versteinerte Muscheln, Ammoniten und ein paar undefinierbare Dinge aus der Urzeit landen in unseren Taschen. Über eine für „Die Mumie“ errichtete Rampe gelangt man durch die bis zu 12m hohe Schutzmauer ins Innere des hufeisenförmigen Massivs. Ab dem 11. Jahrhundert begannen verschiedene Stämme die außergewöhnliche Form des 50ha großen Areals zu nutzen, sie legten neben den benötigten Wohnhäusern auch zwei Dämme zum Sammeln von Regenwasser sowie Verteidigungsanlagen an.





Rissani und Merzouga

In Rissani werden wir von Mohammed angesprochen, der uns in bestem Deutsch in ein Gespräch verwickelt, aus dem es so schnell kein Entrinnen gibt. Er hat einen kleinen „Kunsthandel“ und möchte uns gerne seine Heimatstadt zeigen. Nun ja, gegen eine kleine Stadtführung kann man nichts einwenden, auch wenn wir wissen, dass wir hundertprozentig in seinem Laden landen werden. Er führt uns als Erstes in die alte Kasbah, einen Ort, den wir sonst sicherlich nicht besucht hätten. Aus Stampflehm errichtet, bietet sie immer noch 1200 Einwohnern ein Zuhause. Sie ist ein Labyrinth aus rechtwinklig angelegten überdachten Gassen. Wir schlüpfen in die Dunkelheit hinein und stolpern hinter Mohammed her, der sich hier gut auszukennen scheint.
Der Rundgang geht weiter, wir betreten den Souk, vorbei an einer Gasse mit Metzgern, die halben Ziegen sowie gerupfte Gänse hängen wie immer ungekühlt in der Gegend rum. Wir biegen zweimal ab und stehen in der Schuhmacher-Straße, ein Kumpel von ihm hat dort eine Werkstatt. Bekannt sind vor allem Schuhe hergestellt aus Autoreifen. Der Gewürzmarkt findet zwar erst morgen statt, in den Genuss verschiedenster Mischungen kommen wir trotzdem. Gläser mit verschiedensten Pulvern und Cremes stapeln sich bis an die Decke. Wir bekommen frischen Minztee serviert, riechen an zig Gewürzen und Tees, kosten medizinischen Honig. Das Wissen über die Heilkraft der Pflanzen ist hier noch vorhanden, für jedes kleine Problem gibt es ein anderes Kraut. Und dann landen wir tatsächlich noch in Mohammeds „Kunsthandel“. Im Erdgeschoss stapeln sich die Teekannen, Silberschmuck und andere angeblich antike Artikel, zumindest der Staub dürfte aus alten Zeiten stammen. Eine Etage tiefer befindet sich das Teppichlager, hell beleuchtet stapeln sich die mal mehr, mal weniger kunstvoll gewebten Stücke bis unter die Decke. Wir bekommen abermals Tee serviert und reden schließlich über die Weltreligionen, eigentlich ein Tabuthema. Aber mit Mohammed kann man das schon machen, er hat eine überraschend klare Meinung darüber, welche der drei monotheistischen Religionen denn nun die einzig Wahre ist. Keine! Denn alle glauben sie laut ihm an nur einen Gott und das ist das Entscheidende. Zurück im Raum mit den Souvenirs muss Jonas eine Djellaba aus Kamelwolle anprobieren, Kaufinteresse besteht allerdings nicht, der Besitzer des Ladens wird langsam unruhig. Natürlich müssen wir nichts kaufen, das ist schon klar, es wird aber immer wieder ganz nebenbei betont, dass man ein Souvenir doch immer gebrauchen kann...





Auf der Fahrt nach Merzouga, der heutigen Endstation, hängen uns dunkle Regenwolken im Nacken. Die ersten roten Sanddünen tauchen am Horizont auf. Wir sind mit Tanja und Klaus verabredet, der Platz, den die Beiden gefunden haben ist wunderbar, der Untergrund fest und der hellrote Sand ganz nah. Hier können wir problemlos stehen, in 150m Entfernung laufen Dromedare mit ihrem Führer in den wohlverdienten Feierabend. Und dann beginnt es zu regnen. Für eine gute Stunde wird die Wüste nass. Anstatt im regen zu tanzen, laden wir unsere neuen Freunde mal zu uns ein und verbringen einen witzigen und entspannten Abend.
Am nächsten Vormittag brechen wir zu einer kleinen Dünenwanderung im Gebiet des „Erg Chebbi“ auf. Die Palmen befinden sich an den Rändern, danach finden sich vereinzelt Dünengräser und Dickblattgewächse, dazwischen Spuren von Käfern und Vögeln, auch Kleinsäuger wie Rennratten dürften sich hier tummeln. Der Blick in die Ferne, auf die hohen Dünen, ist schon geil, im Hintergrund sieht man den Grenzwall zu Algerien. Die vom Wind geformten Sandberge schlängeln sich durch die Landschaft, werfen tolle Schatten und bieten einen guten Kontrast zum einheitlichen Rot.




Von Taouz nach Zagora

Nahe dem kleinen Ort Taouz sollen in Felsen geritzte Berberzeichen zu finden sein. Bevor wir auf die Suche gehen, versuchen wir im Schatten des Autos Kaffee zu trinken. Doch prompt bekommen wir Besuch von einem Verkäufer, der in aller Seelenruhe ein Souvenir nach dem anderen im Sand präsentiert. Nach mehrmaligem dankenden Ablehnen geht er in den typischen Hocksitz und starrt er uns einfach nur noch an. Auch gut.
Die angeblich 7000 Jahre alten Tierzeichnungen sind auf den flachen schwarzen Steinen eingraviert, sodass wir schlichtweg darüber hinweg gelaufen sind.
Dann geht es für uns endgültig ab auf die Piste. Wir wählen einen alternativen Einstieg, fahren nicht zurück nach Taouz sondern einfach nach Osten, immer rein in den Sand und über die Steine in Richtung Jdeid. Klappt am Anfang super, trotz der Tatsache, dass wir immer noch mit über 4 bar Reifenluftdruck unterwegs sind. Die Strecke ist abwechslungsreich, Berge, Dünen, sandige Abschnitte gehen in steinige Flächen über, Sträucher und Bäume in verschiedensten Grüntönen, teils sogar mit Blüten, säumen unseren Weg. Die Koordinaten zur Piste findet ihr hier.



Wir passieren den „Erg Ouzira“, aus Sand wird irgendwann eine Rennstrecke, flacher Untergrund für mehr als drei Kilometer. Das ändert sich schlagartig, als wir auf Ramlia zusteuern, außer vielen großen und/oder spitzen Steinen gibt es nicht viel anderes mehr. Wir haben das Gefühl, dass die ganze Dorfjugend nur auf uns gewartet hat, mindestens zwanzig Kinder und Jugendliche tummeln sich an der „Straße“. Als wir wie immer nicht auf ihre Forderungen nach „Bonbon, Dirham, Stilo“ eingehen und einfach weiterfahren, werden manche von ihnen übermütig und hängen sich hinten an „Tortuga“ dran. Da gibt es nicht viele Möglichkeiten, aber wir brauchen Sandbleche genauso wie Treppe und Tür noch. Also kräftig auf´s Gas gedrückt und abrupt auf die Bremse, das schüttelt auch den letzten Verrückten ab.
Übel wird es beim Durchqueren eines Flussbetts, das zwar schon lange kein Wasser mehr gesehen hat, dafür aber ordentlich weichen Untergrund zu bieten hat. Damit wir „Tortuga“ nicht festfahren bleibt nur der Tritt auf´s Gaspedal, klappt auch super, nur irgendwie müssen wir da ja auch wieder raus. Danach wird die Fahrt endlich etwas entspannter und die Sonne steht schon tief, als wir unseren Stellplatz am Rand der Piste nahe des „Jbel Zeger“ beziehen. Im letzten Sonnenlicht taucht noch eine Herde Dromedare auf.




Am nächsten Tag geht es auf ziemlich guter Piste nach Sidi Ali. Hier wird ordentlich was auf die Beine gestellt, dreistöckige Häuser mitten in der Wüste, dazu richtige Teerstraßen und das fast schon obligatorische 4G-Handynetz, besser als in manchen Gegenden Deutschlands. Ansonsten gibt es hier aber nichts, was einen längeren Aufenthalt als die Durchfahrt rechtfertigen würde, daher düsen wir mit atemberaubenden 59km/h über die staubtrockenen Ebenen hinter der Oase und rauf auf ne Düne, natürlich nur für ein obligatorisches Foto im roten Wüstensand. Louise macht sich zurecht lustig, als Jonas sich festfährt und nur mittels Untersetzung freikommt. Einige Kilometer weiter sehen wir Jenny und Sven wieder, mit denen wir uns auf einen Kaffee am Pistenrand treffen.
Auf dem Weg finden wir echte “Rosen von Jericho“. Die Pflanze stirbt nach nur einem Jahr ab und beschützt die Samen unter ihren nach innen gekrümmten Zweigen. Wenn es in der Wüste nach langer Zeit mal wieder regnet, saugen sich die Zellen der Wüstenrose voll und die Zweige entfalten sich, um die Samen freizugeben. Danach wechseln sich steinige Pisten und Teer ab, bis die letzten 30km richtig unangenehm werden.
Zagora gilt als die Stadt der Autowerkstätten, wir bekommen mehr als ein mal eine Visitenkarte in die Hand gedrückt. Wir gehen einkaufen in dieser typisch marokkanischen Stadt, mehr gibt es allerdings nicht wirklich zu sehen. Deshalb beginnen wir mit der Planung unserer nächsten Tour abseits der Teerstraße.




Mehr Fotos seht ihr hier.

Die Route 

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